Da sich Wing Tsun Schüler gerade am Anfang ihres Studiums verwirrt fühlen durch die diversen Namensgebungen im Wing Tsun und dem damit verbundenen Anspruch der Lehrer auf „Echtheit“ ihres Systems und dem absprechen der Kompetenz der anderen Lehrer, will die Fachschule für Wing Tsun hier möglichst neutral aufklären.

Das klassische Wing Tsun
Das klassische Wing Tsun Kung (Gung) Fu System ist verglichen mit anderen chinesischen Kung Fu Stilen recht simpel. Es verzichtet auf weite Bewegungen und akrobatische Einlagen. Es ist ein auf wissenschaftlichen Konzepten aufgebautes System, welches auf den Bewegungen des menschlichen Körpers basiert und nicht denen von Tieren. Das gesamte System kann man als geschlossen bezeichnen, weil es sehr vollständig und "rund" ist. Die Bewegungen einer (Entwicklungs-)Phase können perfekt mit den Bewegungen einer zweiten Phase gekontert werden, welchen wieder mit den Bewegungen einer dritten Phase begegnet werden kann. Diese Wiederum können mit den Bewegungen der ersten Phase abgewehrt werden. Es gibt nicht eine einzige Wing Tsun Technik, die nicht mit einer anderen Wing Tsun Technik abgewehrt werden könnte: Bock Gai, Bock Jeet. Für jede Attacke gibt es eine Gegenattacke.

Das System beinhaltet nur drei Handformen, eine Fussform für die Tritte, eine Wooden Dummy Form und zwei Waffen Sätze. Das klingt für jeden, der sich mit einem anderen Kung Fu Stil bereits beschäftigt hat, sehr wenig, wenn er vielleicht vorher mit 72 Handformen und 36 Waffen Sätzen oder mehr konfrontiert wurde. Wie dem auch sei, die Formen sind wenige und leicht zu lernen, sie zu beherrschen erfordert jedoch große "Beherrschung". Diese Beherrschung ist der Schlüssel zu der Kunst, denn die Formen sind der Schlüssel zu dem System.

In Deutschland bekannte Namen für dieses klassische Wing Tsun (WT) ist Ving Tsun, Wing Chun, Wing Tzun, Wing Tsung, Wing Shun, Wing Tsung, Ving Tsung, Wyng Tjun und viele weitere.
(Mehr dazu auch in „Wing Tsun in Europa“)

Diese Namen werden rein aus Übersetzungstechnischen Schwierigkeiten oder Markenrechtlichen Gründen verwendet und keiner dieser Namen kann für die Echtheit des Systems garantieren. Nur der Schüler selbst kann anhand des Wissens um die Prinzipien, Techniken und Strategien des Systems seinen Lehrer bewerten.

Das nicht-klassische Wing Tsun
Wie vorher bereits erwähnt ist Wing Tsun eine klassische chinesische Kunst mit sehr traditionellen Wurzeln. Aber innerhalb der Struktur gibt es eine weite Fülle an Freiheiten die Techniken und das System auszudrücken. Sind diese Elemente erst einmal beherrscht, dann liegen sie immer an den Fingerspitzen des Kämpfers, um in einer Vielzahl von Variationen eingesetzt zu werden. Dies ist kein neues Konzept. Diese Freiheit in einem strukturierten Kampfsystem ist so alt, wie Kung Fu selbst. Wenn man einen erfahrenen Wing Tsun Kämpfer beim Sparring, klebenden Händen oder Kämpfen beobachtet, dann sieht man bei ihm Techniken, die nicht dem Wing Tsun zu entstammen scheinen. Diese Techniken kann man eventuell in keiner Form finden, aber sie sind dennoch logische Extrapolationen der Prinzipien, wie sie in den Formen verankert sind, vereint mit instinktiven Reaktionen, welche durch stetige Übung der Drills, entwickelt werden. Dieses Auftreten eines persönlichen Kampfsystems ist das nicht-klassische Wing Tsun. In dieser Phase der Entwicklung führt der Wing Tsun Kämpfer all sein Wissen, erworben in den verschiedenen Trainingsstufen, und seine persönlichen Erfahrungen zusammen. Er "erfindet" vielleicht neue Techniken, aber diese beruhen einfach nur auf der Kombination der Prinzipien, wie sie sich schon vielen vor ihm dargeboten haben, die ebenfalls in den klassischen Formen gut trainiert waren.
Die Idee der Freiheit innerhalb einer Struktur kann man sich am Beispiel von Schach ansehen. Obwohl es strikte Regeln gibt, wie die Figuren sich bewegen und was sie tun dürfen, ist der Spieler absolut frei, diese Regeln und Möglichkeiten zu kombinieren. Es liegt in seiner persönlichen Kreativität und Erfahrung, sinnvolle Kombinationen der Regeln so zu finden, dass er das Spiel gewinnt. In genau der Weise, wie ein Spieler eine Figur rückt, damit vielleicht einen Zug des Gegners provoziert und dann wie geplant reagieren kann, benutzt der Wing Tsun Kämpfer jede Technik kombiniert mit jedem Prinzip und jeder Beinarbeit, wie es die Situation erfordert. Mit allen "Stücken des Puzzles" aus jeder Stufe des Trainings ausgestattet, kann der Wing Tsun Künstler vollkommen frei die beste den Umständen angepasste Bewegung auswählen ohne von einer eingeschränkten Wahl limitiert zu werden. Diese Freiheit wird aus der Struktur geboren und kann im Wing Tsun nicht ohne die Formen erlangt werden, denn die Formen sind der Schlüssel zu dem System.

Daher gibt es auch „nicht klassische Wing Tsun Stile“, die sich nur Teilen des Systems bedienen und dem Schüler nicht mehr das komplette System beibringen, da die Begründe dieser Stile das klassische Wing Tsun für sich selbst angepasst haben. Hierzu kann man Namen nennen wir Wing Revolution, ReakTsun oder auch Jeet Kune Do von Bruce Lee und viele weitere.

Was wird in der Fachschule für Wing Tsun unterrichtet
In der Fachschule für Wing Tsun unterrichten wir Qi Xing Wing Tsun. Qi Xing, oder auch übersetzt "Sieben Wandlungen" bedeutet, das wir das komplette System auf einem etwas anderen, didaktischen Weg unterrichten.

Zwar lernt auch bei uns der Schüler den klassischen Weg der Leung Ting "Ein Mann Form" Siu Nim Tao - Chum Kiu - Biu Tze - Mook Yan Chon Faat - Langstock - Doppelmesser und den dazugehörigen "Zwei Mann Formen" wie z.B. Dan Chi - Poon Sao - Nook Sao - Chi Sao - Sektionen usw. aber parallel dazu verlassen wir den klassichen Weg.

Im Qi Xing Wing Tsun lernt der Schüler direkt von Beginn fortgeschrittene Schrittarbeit um flexibel und agil auf Distanz reagieren zu können ebenso wie effektive Techniken aus der Biu Tze um seine Selbstverteidigungsfähigkeiten direkt zu steigern. Jede Form wird genaustens erklärt auf Anwendungen wie auch auf den Aufbau von Fähigkeiten. So bleibt nichts abstrakt und der Schüler wird nicht alleine gelassen. Jedes Formtraining ergibt so Sinn, jedes "zwei Mann Form" bekommt direkt den jeweiligen Hintergrund und der Schüler bekommt von Anfang an die Möglichkeit, alles in reelen Kampfanwendungen zu trainieren. Auch, in vielen Linien leider, "geheimes" Wissen wie Dim Mak Punkte, Strategien und tiefere Prinzipien des Kung Fu werden didaktisch passend vermittelt.

So wird im Qi Xing Wing Tsun der schnellstmögliche Lern- und Erfolgsweg gewährleistet, und alles ist nur noch den Fleiß eines Schüler unterworfen.

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